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Samstag, 23. Juli 2016

The Spectator: Warum die Labour Partei es verdient zu sterben



Von Brendan O'Neill, 19. Juli 2016

Wer könnte die Labour Partei retten? Das ist die Frage, welche die Dinner Partys in London teilt, Abendveranstaltungen der Medien spaltet und sozial bewegte Berühmtheiten dazu bringt sich den Kopf zu kratzen. Ich habe eine andere Frage. Warum retten wir die Labour Partei? Was soll eine Rettung bezwecken? Was ist angedacht? Was soll aus ihr werden? Der Kampf der Mittelschicht um die Zukunft von Labour dreht sich obsessiv um die Frage, welche Person Labour womöglich wieder wählbar machen könnte - ist es die sichere Variante mit Owen Smith oder das "Mädchen aus der Arbeiterklasse im Norden" Angela Eagle? - dass die einzelnen Fraktionen völlig vergaßen, wozu eine politische Partei eigentlich da ist: Etwas repräsentieren, um etwas zu sagen das einer populären Ansicht entspricht.

Noch nie wollte ich so sehr, dass beide einen Kampf verlieren, als in diesem traurigen und peinlichen kleinen Bürgerkrieg, den Labour mit sich führt. Als Shakespeare "Die Pest in beiden deiner Häuser" schrieb muss er eine Vision gehabt haben von den twitternutzenden und herumblökenden Gezänk haben, von dem die Labour Partei des Jahres 2016 befallen ist. Einersets gibt es da Corbyn und seine Folkloreradikalen einer pseudotrotzkistischen Schauspielertruppe, die geistig im Jahr 1982 hängen geblieben sind und deren Herz gebrochen wurde von der Sun lesenden Arbeiterklasse, die sie als eine niederschmetternde Enttäuschung für die Revolution erachten. Und auf der anderen Seite gibt es die größtenteils in der Mittelschicht lebenden Experten, die nichts sehnlicher wollen, als dass Labour zurück findet zu seinen glorreichen Tagen in den späten 1990ern und frühen - prä-Irak - 2000ern, als sie an der Macht waren und auch noch beliebt, weil sie etwas zustande brachten. Beide Seiten leben in einer Wahnwelt.

Wie sehr der Wahn um sich gegriffen hat, sieht man am Narrativ, mit dem die sich selbst als "vernünftig" bezeichnende Flügel der Partei hausieren geht, dem Flügel, der Corbyn hasst, der Flügel, der eine mit Berühmtheiten gespickte Internetseite betriebt betitelt mit Rettet Labour, und die fordert, dass Corbyn "zum Wohle des Landes zurücktritt". Ihr Narrativ besteht in der Behauptung, Corbyn habe Labour entweiht und den einstmals stolzen Opponenten der Tories in eine Bande von Rohlingen und Rüpel verwandelt, der jeden niederbrüllt, der nicht völlig links ist und deren Meinungsmacherin-vormals-Journalistin Seumas Milne ein besonders garstiges Exemplar ist, wenn es darum geht den Lieben Führer von Kritik zu schützen und Verräter zu bestrafen. Was für ein erbärmlicher Zustand das nur ist, sagen sie; wenn wir doch nur die Zeit zurückdrehen könnten in die Vor-Corbynära.

Sind diese Leute auf Crack? Vor Corbyn und um fair zu sein auch vor Ed Miliband (ich hätte ihn beinahe vergessen!), also auch vor Miliband war Labour nicht weniger unnachgiebig und brutal wie es heute ist. Haben Twitter und Schnellnachrichten unsere politische Aufmerksamkeitsspanne wirklich so sehr zusammenschrumpfen lassen, dass wir nicht einmal mehr 10 oder 15 Jahre zurückdenken können? Wir haben vergessen, was für bösartige Bastarde die Blairistas waren. Nicht nur politisch, sondern sie waren auch hochmütig, illiberal, armenfeindlich, und sie waren rücksichtslos. Auch sie hatten einen Meinungsmacher-vormals-Journalisten, der jeden einzelnen jagte, der es wagte den großen Führer zu hinterfragen. Sie haben bestraft, Messer in den Rücken gerammt und jeden gemieden, der nicht "neu" genug war, also jeden dem etwas politisch dinosaurierhaftes anhaftete. Sie waren nicht weniger ein Führerkult, ein Klüngel ohne Inhalt, eine Sekte, die eine gebrochene, leere Partei übernahm, wie es die Corbynisten taten.

Deswegen will ich, dass beide Seiten verlieren: Wegen all ihren schrillen Auseinandersetzungen bei Twitter und weil sie sogar Fenster mit Steinen einwerfen, haben sie mehr miteinander gemein als sie denken. Sie sind die selbe Sorte Mensch und machen das selbe Zeugs. Ultimativ vereinigt werden sie aber von der Sehnsucht, die Hülle namens Labour zu benutzen, diese leere Muschel, die einst eine stolze Arbeiterpartei war, um sich selbst von der Realität verbarrikadieren zu können und vom Pöbel.

Die Mittelschicht, die sich sowohl von den vornehmen Tories angewidert fühlen, als auch den dummen EU-feindlichen Armen versuchen verzweifelt die Labour Partei als einen Rückzugsort der städtischen Elite zu erhalten, als Partei einer gut vernetzten Stadtbürgerschaft, um mit ihr eine Grenze ziehen zu können zu den UKippern und Europhoben und den Daily Mail Drohnen und anderen Leuten die sie nicht ausstehen können. Und Corbynisten wollen, die Labour Partei zu ihrem persönlichen Laufstall umfunktionieren, einen sozialistischen Schutzraum, wenn man so möchte, wo sie Militante der 1970er spielen können in einer Welt, die keine Lust mehr hat auf so ein Zeugs, und das alles mit einem Sicherheitsabstand von der Arbeiterklasse, die sie nicht mehr verstehen, oder auch nur leiden können.

Alles in allem - und historisch betrachtet, wie furchtbar ist das? - hat sich Labour von einer Partei, welche die Arbeiterklasse repräsentierte verwandelt in einen Sicherheitsbereich gegen die Modernität, welche die Mittelschicht gerne hätte. Sie haben arbeitenden Menschen nichts - rein gar nichts - mehr zu sagen, jenen, die noch immer an die Industrie glauben (Labour hat diesen Glauben aufgegeben), jenen, welche die EU nicht ausstehen können (Labour liebt sie), und jene, die denken, dass Familien in Ruhe gelassen werden sollen (was dem absoluten Anathema dieses neuen, argwöhnischen, sich überall einmischenden Labour entspricht und ihrer heissgeliebten "Verhaltenspolitik"). Labour wurde zu einem Zweck gegründet; man findet ihn im Namen: Jene repräsentieren, die arbeiten. Es ist nicht nur so, dass sie diese nicht mehr repräsentieren, sondern die Partei wird vielmehr geführt, betrieben und beworben durch Leute, die noch nie jemanden kennenlernten, der wirklich arbeitet. Wozu also retten? Die Partei verdient es zu sterben. Die Fraktionen, die momentan um sie kämpfen sollten den Anstand aufbringen und ihre eigenen Parteien gründen und sie sollten so ehrlich sein, und beim Parteinamen auf das Wort "Labour" verzichten.


Im Original: Why Labour deserves to die

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